Für Ihren (Sport-)Verein sind Fragen des Vereins- und Sportrechts besonders interessant. Worauf Sie achten müssen, wenn sich Ihre Satzung ändert oder die Stellung Ihres Sportvereins innerhalb des Sportbundes, darüber hält Sie der VVS mit aktuellen Urteilen immer auf dem Laufenden.

 

Unsere Vereins-Rechtstipps

Hybride Mitgliederversammlung: Bundestag beschließt Gesetz

Vereine können künftig grundsätzlich hybride Mitgliederversammlungen einberufen. Die Teilnahme und Ausübung von Mitgliedsrechten ist damit sowohl in Präsenz als auch virtuell möglich. Zudem sollen durch Beschluss der Mitglieder auch rein virtuelle Versammlungen einberufen werden können. Der Bundestag hat am 09.02.2023 ein entsprechendes Gesetz angenommen, das der Bundesrat eingebracht hatte und das im parlamentarischen Verfahren noch umfassend geändert wurde.

Gegenüber dem Entwurf der Länderkammer sieht die nun verabschiedete Fassung unter anderem vor, dass die Teilnahme im Wege der elektronischen Kommunikation möglich sein soll und nicht nur in Form von Videokonferenztechnik. Dies ermöglicht auch die Teilnahme per Chat, Telefonkonferenzen oder Abstimmungen per E-Mail. Zudem bezieht sich die Regelung nicht wie im Entwurf der Länderkammer auf den Vereinsvorstand, sondern ist so ausgestaltet, dass sie auch für andere mögliche Einberufungsorgane gilt. Für die Einberufung rein virtueller Mitgliederversammlungen durch das Einberufungsorgan soll, sofern es keine entsprechende Satzungsregelung gibt, ein Beschluss der Mitglieder notwendig sein. Der Beschluss soll nur für künftige Versammlungen gelten und kann für einzelne oder alle künftigen Veranstaltungen gelten. Zudem muss bei der Einberufung einer hybriden oder virtuellen Versammlung angegeben werden, „wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können“. Wie in der Begründung ausgeführt wird, greifen die neuen Regelungen über Verweisungen in § 28 BGB bzw. § 86 S. 1 BGB auch für Sitzungen von mehrköpfigen Vereins- und Stiftungsvorständen. Zudem sind die Regelungen dispositiv. Sprich: Vereine können in ihren Satzungen davon abweichen und beispielsweise hybride oder rein virtuelle Mitgliederversammlungen ausschließen.

Quelle: IWW VereinsBrief, 09.02.23

Weiterführender Hinweis:

  • Deutscher Bundestag, Drucksache 20/2532, Abruf-Nr. 230409
Abberufung des Vorstands kann en bloc erfolgen

Abberufung des Vorstands kann en bloc erfolgen

Auch wenn die Vorstandswahl als Einzelwahl durchgeführt werden muss, kann der Vorstand en bloc abberufen werden. Diese Auffassung vertritt das LG Potsdam. |

Hintergrund | Regelt die Satzung das nicht anders, muss die Vorstandswahl als Einzelwahl durchgeführt werden. Es muss also jedes Amt getrennt gewählt werden. Eine Block- oder Listenwahl ist nur möglich, wenn die Satzung das ausdrücklich erlaubt.

Nach Auffassung des LG Potsdam gilt das gesetzliche oder satzungsmäßige Wahlverfahren aber nicht für die Abberufung des Vorstands. Hier kann der Vorstand mit nur einer Beschlussfassung insgesamt abberufen werden. Es muss deswegen in der Tagesordnung nicht angekündigt werden, welche Vorstandsmitglieder abberufen werden sollen. Die Angabe „Abberufung des Vorstands“ genügt. Das liegt u. a. daran, dass die personelle Zusammensetzung des abzuberufenden Vorstands naturgemäß ohnehin feststeht, weil er ja bereits im Amt ist.
Eine Notwendigkeit, wie bei der Wahl, über einzelne Vorstandsposten abzustimmen, besteht daher bei der Abwahl nicht. Außerdem haben die abberufenen Vorstandsmitglieder ohne weiteres die Möglichkeit, sich erneut zur Wahl zu stellen. Im Saldo werden bei einer „en bloc-Abwahl“ des Vorstands also weder die Rechte der abberufenen Vorstandsmitglieder noch der Mitgliederversammlung beschnitten (LG Potsdam, Urteil vom 15.08.2022, Az. 8 O 160/21, Abruf-Nr. 231946).

Quelle:IWW VereinsBrief, Ausgabe 11 / 2022 | Seite 1 | ID 48684958

 

Mitgliederversammlung - Tagesordnungspunkte: Gegenanträge sind anzunehmen

Vereine müssen in der Mitgliederversammlung das Rederecht der Mitglieder sorgsam beachten. Werden Stellungnahmen unterdrückt, führt das nach der „Relevanztheorie“ (und der entsprechenden Rechtsprechung) regelmäßig zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen. Das lehrt eine Entscheidung des AG Düsseldorf. |

Im konkreten Fall hatte die Versammlungsleitung bei einer Online-Mitgliederversammlung die Rednerliste geschlossen, noch bevor Wortmeldungen möglich waren. Damit waren Gegenanträge unmöglich. Solche Gegenanträge müssen aber ‒ so das AG Düsseldorf ‒ grundsätzlich zugelassen werden. Sie dürfen, wenn die Satzung das nicht ausschließt, selbst noch in der Mitgliederversammlung gestellt werden, wenn sie mit dem angekündigten Antrag inhaltlich zusammenhängen (AG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2021, Az. VR 3058, Abruf-Nr. 228316).

Wichtig | Die vereinsrechtliche Relevanztheorie besagt, dass jeder Redebeitrag die Meinungsbildung der Versammlung wesentlich beeinflussen könnte. Selbst wenn die Stimme des nicht zugelassenen Redners bei der Auszählung keinen Ausschlag gegeben hätte, führt deswegen die Nichtzulassung regelmäßig zu einer Anfechtbarkeit der Beschlüsse. Das gilt z. B. auch, wenn Mitglieder von der Versammlung ausgeschlossen oder nicht eingeladen werden.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 04 / 2022 | Seite 1 | ID 48125933
Darf ein Verein wegen Corona seine Vereinstätigkeit einstellen?

Viele Vereine fahren ihre Tätigkeit wegen der Corona-Pandemie ganz oder teilweise herunter. Es stellt sich aber die Frage, unter welchen Voraussetzungen das zulässig ist.

Frage: Der Vorstand unseres Sportvereins will wegen der anhaltenden Pandemielage auf Spiele und Wettkämpfe verzichten. Das wird mit der Kontaktbeschränkung und der Rücksicht auf Mitglieder mit gefährdeten Familienmitgliedern begründet. Laut aktueller Gesetze bzw. Landesverordnung dürfen Spiele/Wettkämpfe stattfinden. Ist eine solche Anordnung des Vorstands zulässig?

Antwort: Hier sollte der Vorstand auf jeden Fall einen „Alleingang“ vermeiden. Sonst können Haftungsfolgen drohen.

Unterschiedliche rechtliche Folgen

Bei der Einstellung der Vereinstätigkeit handelt es sich um eine vereinsinterne Angelegenheit. Die Frage ist also weniger, ob das zulässig ist, sondern welche zivilrechtlichen Folgen es nach sich ziehen kann. Hier muss unterschieden werden bezüglich einer möglichen Haftung des Vorstands dem Verein gegenüber und des Vereins den Mitgliedern gegenüber.

Mitgliederversammlung muss entscheiden

Entscheidet der Vorstand allein über die Einstellung des Spielbetriebs, riskiert er eine Inhaftungnahme durch den Verein. Voraussetzung für eine zivilrechtliche Haftung ist zwar immer, dass dem Verein ein messbarer Schaden entsteht. Davon wird man aber wohl ausgehen müssen, weil mit der Einstellung des Spielbetriebs auch Einnahmen wegfallen (Vermögensschaden).

Der Vorstand sollte in dieser Sache deshalb unbedingt das Votum der Mitgliederversammlung einholen. Beschließt diese (mit einfacher Mehrheit) die einstweilige Einstellung des Spielbetriebs, kann der Vorstand nicht mehr in Haftung genommen werden. Außerdem ist es schon aus Gründen der demokratischen Mitbestimmung geboten, die Mitglieder zu befragen.

Haben Mitglieder Ansprüche gegen den Verein?

Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob Mitglieder Ersatzansprüche geltend machen können, wenn der Verein den Spielbetrieb einstellt. Zwar sind die Leistungen des Vereins an seine Mitglieder (Teilnahme an Veranstaltungen, Nutzung von Vereinsanlagen) meist keine satzungsmäßigen Mitgliederrechte. Als Vorteilsrechte ergeben sie sich aber aus dem Vereinszweck und begründen damit grundsätzlich einen ‒ auch einzelnen ‒ Anspruch der Mitglieder. Gibt es also keine zwingenden Gründe (durch behördliche Auflagen), die Vereinstätigkeit einzustellen, kann das Schadenersatzansprüche der Mitglieder begründen. Wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes wäre vor allem eine teilweise Einstellung des Sportbetriebs problematisch, wenn sie nur bestimmte Sportarten betrifft. Es sei denn, das lässt sich damit begründen, dass sich hier die Pandemieauflagen unterschiedlich auswirken.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 02 / 2022 | Seite 20 |
In diesen Fällen sind Tagesmitgliedschaften zulässig

 § 40 BGB bietet Vereinen einen weiten Spielraum, ihre innere Ordnung zu gestalten. Deswegen kann es vereinsrechtlich auch zulässig sein, Tagesmitgliedschaften anzubieten. Diese Auffassung vertritt das OLG Stuttgart. 

Im konkreten Fall wollte ein Modellflugsportverein per Satzungsänderung Tagesmitgliedschaften einführen. Diese enden, wenn am jeweiligen Tag der Flugbetrieb eingestellt wird. Das Registergericht lehnte ab. Da diese Personen keine Mitgliederrechte wahrnehmen könnten, könne nicht von einem Mitglied im rechtlichen Sinn ausgegangen werden. Den Kurzzeitmitgliedern seien Mindestrechte – vor allem die Teilnahme an der Mitgliederversammlung – entzogen. Das OLG Stuttgart hatte dagegen keine Bedenken. Zwar sei das Recht auf Teilnahme an der Mitgliederversammlung und das Antragsrecht für alle Mitglieder unabdingbar. § 40 BGB biete Vereinen aber einen großen Spielraum, ihre innere Ordnung zu gestalten. Dass Tagesmitglieder Mitwirkungsrechte faktisch nicht ausüben können, bedeute nicht, dass von einer Mitgliedschaft im Rechtssinne nicht gesprochen werden könne. Eine Tagesmitgliedschaft bewege sich im Rahmen der autonomen Gestaltungsmöglichkeiten des Vereinsrechts (OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.07.2018, Az. 8 W 428/15, Abruf-Nr. 204507).

 

Wichtig | Nicht denkbar wäre aber ein Verein, der ausschließlich Kurzzeitmitglieder hat. Bei Tagesmitgliedschaften geht es zudem oft darum, gesetzliche Vorschriften zu umgehen (z. B. die Schankerlaubnis für öffentliche Gaststätten). Aus der vereinsrechtlichen Zulässigkeit folgt aber nicht, dass diese Gestaltungen die gewünschte rechtliche Wirkung haben

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 10 / 2018 | Seite 2
 
Mitgliederversammlung: Wann hat ein Mitglied Anspruch auf eine geheime Abstimmung?

| Wann hat ein Vereinsmitglied Anspruch darauf, dass in der Mitgliederversammlung geheim abgestimmt wird? Mit dieser Frage hat sich das OLG Frankfurt a. M. beschäftigt. |

 Der Fall vor dem OLG Frankfurt a. M.

Es ging um einen Verein, in dem viele bekannte Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft der Stadt Mitglied waren und der bisher nur Männern zugänglich war. Dieser Verein wollte sich per Satzungsänderung auch für Frauen öffnen. Ein Mitglied stellte den Antrag, darüber geheim abzustimmen. Die Versammlungsmehrheit lehnte dies ab, die Satzungsänderung wurde beschlossen. Dagegen klagte ein Mitglied. Durch die offene Abstimmung sei Druck auf die Mitglieder ausgeübt worden, weil sie im Fall einer offenen Ablehnung gesellschaftliche und wirtschaftliche Nachteile zu befürchten hätten.

 

OLG: Kein grundsätzlicher Anspruch auf geheime Abstimmung

Das OLG hat die Klage abgewiesen (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 06.07.2018, Az. 3 U 22/17, Abruf-Nr. 204457). Das Gericht hat zunächst klargestellt, wie das Abstimmungsverfahren in der Mitgliederversammlung festgelegt wird:

 

  • Das Abstimmungsverfahren richtet sich zunächst nach dem, was in der Satzung oder – soweit vorhanden – einer Versammlungsordnung steht.
  • Ist nichts geregelt, entscheidet der Versammlungsleiter. Verlangt ein Mitglied die Entscheidung der Mitgliederversammlung, ist diese bindend.
  • Entscheidet sich die Versammlung für eine offene Abstimmung, hat das Mitglied regelmäßig nicht die Möglichkeit, etwas anderes zu verlangen.

 

Beeinflusst offene Abstimmung Willensbildungsprozess unangemessen?

Das Abstimmungsverfahren muss aber sicherstellen, dass sich die Willensbildung möglichst ungehindert vollziehen kann. Die Verweigerung einer geheimen Abstimmung kann deswegen unzulässig sein, wenn die Offenlegung des Abstimmungsverhaltens eine unbeeinflusste Stimmabgabe behindert.

 

Der Willensbildungsprozess – so das OLG – erfolgt regelmäßig unter Druck und Einflussnahme anderer Mitglieder und evtl. auch der Öffentlichkeit. Dabei erkennt das Gericht an, dass dieser Druck bei der Frage nach der Zulassung von Frauen besonders hoch ist, zumal es sich bei den Mitgliedern um Persönlichkeiten handelte, die in der Öffentlichkeit stehen und deswegen deutliche Kritik und sogar auch persönliche Nachteile befürchten mussten. Das Gericht bezog sich hier aber auf den Vereinszweck. Dieser bestand u. a. darin, einen lebendigen Gedankenaustausch im Dienste der Gesellschaft zu pflegen. Tolerantes Denken und Verhalten waren Voraussetzungen, um Mitglied zu werden. Daraus ergab sich ein berechtigtes Interesse der übrigen Mitglieder zu erfahren, wer wie zu der umstrittenen Frage steht und wie er sich bei der Abstimmung verhält.

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 10 / 2018 | Seite 11
 
Fehlende Kenntnis der Satzung geht zulasten des Mitglieds

| Ein Mitglied kann sich nicht darauf berufen, es habe die Satzung nicht gekannt, wenn es um Pflichten geht, die dort geregelt sind. Das hat das Landgericht (LG) Frankfurt a. M. entschieden. |

Im konkreten Fall wollte sich ein Gewerkschaftsmitglied dagegen wehren, dass er einen Teil seiner Aufsichtsratsvergütung an die Gewerkschaft abführen musste. Er begründete das damit, die entsprechende Klausel nicht gekannt und die Satzung beim Beitritt auch nicht erhalten zu haben. Das LG schmetterte das ab: Die Unkenntnis der Satzungsbestimmung beruht grundsätzlich auf einem Versäumnis des Mitglieds und nicht des Vereins. Es gehört zum Allgemeinwissen, dass man sich beim Beitritt zu einem Verein der Satzung dieses Vereins unterwirft (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.04.2018, Az. 2-30 O 238/17, Abruf-Nr. 205655).

 

PRAXISTIPP | Es hat also keine rechtlichen Folgen, wenn der Verein einem Neumitglied keine Satzung aushändigt. Das Mitglied hat die Pflicht, das zu verlangen, und natürlich muss der Verein die Satzung dann zugänglich machen.

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 12 / 2018 | Seite 1
 
Vereinsausschluss: Generalklausel darf nicht zu allgemein sein

| Vereinsstrafrechtliche Normen müssen so konkret formuliert sein, dass Tragweite und Anwendungsbereich des Tatbestands zu erkennen sind. Eine Klausel in einer Satzung, dass ein Vereinsausschluss „im besonderen Fall“ zulässig ist, ist zu unbestimmt. Sie stellt keinen eigenen Ausschlussgrund dar. Das hat das OLG Frankfurt a. M. klargestellt. |

Hintergrund | Weil man in der Satzung nicht alle Ausschlussgründe benennen kann, behelfen sich viele Satzungen mit Generalklauseln wie „Verstoß gegen die Interessen des Vereins“ oder „Schädigung des Ansehens des Vereins“. Solche Generalklauseln sind zulässig. Sie verstoßen nicht gegen den Bestimmheitsgrundsatz, wonach (vereins-)strafrechtliche Normen so konkret formuliert sein müssen, dass Tragweite und Anwendungsbereich des Tatbestands zu erkennen sind. Eine Vereinsausschlussklausel „im besonderen Fall“ ist aber zu unbestimmt. Sie stellt keinen eigenen Ausschlussgrund dar. Die Mitgliedschaft kann dann – wie grundsätzlich jedes vertragliche Verhältnis – nur aus wichtigem Grund gekündigt werden (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 12.09.2018, Az. 4 U 234/17, Abruf-Nr. 205654).

 

PRAXISTIPPS |

  • Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn ein vom Mitglied verschuldetes Verhalten das Vereinsleben so sehr stört, dass es dem Verein bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zuzumuten ist, die Mitgliedschaft fortzusetzen.
  • Mehr zum Thema lesen Sie u. a. im Beitrag „Es kommt auf die Satzung an: Vereinsausschluss ist auch bei geringfügigen Verstößen möglich“, VB 7/2015, Seite 16 → Abruf-Nr. 43462134.
 
 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 12 / 2018 | Seite 2
 
Zerstrittener Vorstand: Kann man über den Kopf des Vorsitzenden hinweg eine MV einberufen?

| Die Einberufung einer Mitgliederversammlung (MV) ist auch ohne Vorstandsbeschluss möglich. Das kann im Streitfall zu Problemen führen. |

 Frage: Unser Vorstand ist hoffnungslos zerstritten. Der Vorsitzende blockiert Entscheidungen und weigert sich, eine MV einzuberufen. Als Ausweg wird nur noch die Neuwahl des Vorstands in Frage kommen. Wie können wir eine Wahl durchführen, ohne dass der Vorsitzende zustimmt?

 Antwort: Grundsätzlich kann die MV auch ohne Zustimmung des Vorsitzenden einberufen werden. Selbst ein Beschluss des Vorstands ist dazu nicht erforderlich.

 

Wer darf zur Mitgliederversammlung einladen?

Trifft die Satzung keine andere Regelung, wird die MV vom vertretungsberechtigten Vorstand einberufen, weil dieser für den Verein auch im Innenbereich handelt. Haben also Vorstandsmitglieder eine Einzelvertretungsberechtigung (das ergibt sich aus der Satzung), können sie die Versammlung ohne Zustimmung des restlichen Vorstands einberufen.

 Ein Beschluss des Vorstands ist dazu nicht erforderlich. Es gilt hier das Gleiche wie für andere Vertretungshandlungen des Vorstands. War er nach Satzung befugt, Rechtsgeschäfte abzuschließen, binden sie den Verein. Eine wirksame Einberufung der MV ist hier also ohne den Vorsitzenden möglich, wenn ein oder mehrere weitere Vorstandsmitglieder einzeln oder gemeinsam vertretungsberechtigt sind.

 

Recht zur Einladung korrespondiert mit Recht zur Ausladung

Es gibt dabei allerdings ein Problem: Wer zur MV einladen darf, darf die Einladung auch zurücknehmen oder widerrufen. Der erste Vorsitzende könnte also die Einladung widerrufen, wenn er alleinvertretungsberechtigt ist. Für den Widerruf gilt dabei die gleiche Form wie für die Einladung. Wirksam wird er erst, wenn er den Mitgliedern zugeht. Eine bloße Erklärung des Vorstands genügt nicht. Da die Einladung in der Regel an eine Frist gebunden ist, der Widerruf aber lediglich rechtzeitig vor der Versammlung zugestellt werden muss, ist der Widerrufende hier im Vorteil.

 

Das Minderheitenbegehren als ultima ratio

Nutzt der Vorsitzende seine Möglichkeit, die MV zu verhindern, bleibt nur die Einberufung auf Verlangen einer Minderheit. Regelt das die Satzung nicht anders, müssen das mindestens zehn Prozent der Mitglieder mit Angabe wenigstens eines Tagesordnungspunkts fordern. Das Minderheitenbegehren richtet sich zunächst an den Vorstand. Folglich kann der Vorsitzende die so einberufene Versammlung erneut topedieren. Tut er das, kann sich die Minderheit von Registergericht ermächtigen lassen, die MV durchzuführen. Diese Versammlung kann der Vorsitzende dann nicht mehr verhindern.

Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 03 / 2019 | Seite 6
 
Fusion: Vermögensanfall ist kein Verschmelzungshindernis

| Ein eingetragener Verein kann sich an einer Verschmelzung nur beteiligen, wenn die Satzung dem nicht entgegensteht. Das regelt § 99 Umwandlungsgesetz (UmwG). Die Pflichtklausel für den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vermögensanfall ist hier aber ohne Belang. Das hat das OLG Düsseldorf klargestellt. |

Im konkreten Fall hatte das Registergericht den Antrag zweier gemeinnütziger Vereine auf Verschmelzung (Fusion nach Umwandlungsrecht) abgelehnt, weil die Satzung des übertragenden Vereins wie üblich vorsah, dass das Vermögen an einen anderen Verein fällt, wenn der Verein aufgelöst wird. Eine Verschmelzung sei deswegen nach § 99 UmwG ausgeschlossen. Dem trat das OLG Düsseldorf entgegen. Zwar gilt § 99 UmwG nicht nur in Fällen, in denen die Satzung ausdrücklich die Auflösung des Vereins im Wege der Verschmelzung ausschließt, sondern auch dann, wenn einzelne Satzungsbestimmungen einer Verschmelzung lediglich sinngemäß entgegenstehen. Werden durch eine solche Satzungsregelung aber allein steuerrechtliche Zwecke verfolgt und ist der übernehmende Rechtsträger ebenfalls gemeinnützig, hat diese Satzungsregelung keine Ausschlusswirkung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.01.2019, Az. 25 Wx 53/18, Abruf-Nr. 208468).

Weiterführender Hinweis

  • Beitrag „Fusion von Vereinen: So funktioniert die Verschmelzung nach Umwandlungsrecht“, VereinsBrief 09/2011, Seite 8
 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 05 / 2019 | Seite 2
 
Übungsleiter sind als Wie-Beschäftigte versichert

| Nebenberuflich tätige Trainer und Übungsleiter, die nur eine Pauschale nach § 3 Nr. 26 EStG (2.400 pro Jahr) erhalten, sind bei der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) ausnahmslos als arbeitnehmerähnliche Personen bzw. „Wie-Beschäftigte“ gesetzlich unfallversichert. Darauf hat die VBG in einer aktuellen Broschüre hingewiesen. |

 

Wichtig | In der 52-seitigen Broschüre (vb.iww.de → Abruf-Nr. 210808) finden Sie u. a. noch folgende wichtige Informationen:

  • Der Versicherungsschutz – d. h. die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses – gilt auch dann, wenn ein Vertrag als freier Mitarbeiter abgeschlossen worden ist. Sind die jährlichen Vergütungen höher als 2.400 Euro, sind die Trainer/Übungsleiter als Beschäftigte versichert. Für den übersteigenden Betrag muss der Verein Versicherungsbeiträge abführen. Anders sieht es aus, wenn die Trainer/Übungsleiter selbstständig (auf Honorarbasis) tätig sind. Selbstständige können aber eine freiwillige Versicherung für Unternehmer bei der VBG abschließen.
  • Nicht gesetzlich versichert sind Schiedsrichter, wenn ihre Tätigkeit eine Vereinsmitgliedschaft voraussetzt und durch die Verbandsstatuten bestimmt wird. Die Tätigkeit wird in diesem Fall wesentlich durch das Mitgliedschaftsverhältnis bestimmt. Wie bei anderen einfachen Mitgliedern besteht dann kein Versicherungsschutz.
  • Gewählte und beauftragte ehrenamtlich Tätige in gemeinnützigen Organisationen können sich freiwillig bei der VBG versichern. Neben des satzungsmäßigen Organmitgliedern (vor allem dem Vorstand) sind das leitende, planende oder organisierende Tätigkeiten, die über einen längeren Zeitraum oder im Rahmen eines Projekts ausgeübt werden.
 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 09 / 2019 | Seite 2
 
Nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung: Darf Mitglied klagen?

| Grundsätzlich ist die Mitgliederversammlung zuständig, dafür zu sorgen, dass der Verein eine „ordnungsgemäße Geschäftsführung“ erfährt. Ein einzelnes Mitglied kann Ansprüche hier nur in Sonderfällen gerichtlich durchsetzen. Das hat das LG Köln klargestellt. |

 

Das Mitglied eines Hundezuchtvereins wollte den Verein gerichtlich verpflichten, einen Hund, den es für zuchtuntauglich hielt, nachuntersuchen zu lassen und ggf. für die Zucht zu sperren. Damit scheiterte er aber vor dem LG. Es vertrat die Auffassung, dass ein einzelnes Mitglied in einem solchen Fall nicht prozessführungsbefugt sei. Die Entscheidung darüber, ob ein Anspruch gegen den Vorstand eines Vereins durchgesetzt werden soll, liege bei der Mitgliederversammlung. Das einzelne Vereinsmitglied habe nur im Ausnahmefall ein Klagerecht. Sonst würde der auf Mehrheitsentscheidungen angelegte Verein handlungsunfähig (LG Köln, Urteil vom 10.07.2019, Az. 28 O 438/18, Abruf-Nr. 210743).

 

Wichtig | Eine Klagerecht des Mitglieds kommt in Frage

  • bei Grundsatzfragen des Vereins oder
  • wenn der Vorstand eigenmächtig über Fragen entscheidet, die lt. Satzung der Mitgliederversammlung obliegen.
 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 09 / 2019 | Seite 1
 
OVG hält Satzungsänderung für nicht genehmigungsfähig

| Eine Satzungsregelung, deren Inhalt sich nicht eindeutig ermitteln lässt, ist nicht genehmigungsfähig. Ehrenamtliche Vorstandstätigkeit und Zahlung einer Vergütung schließen sich aus. So lautet der Tenor einer Entscheidung des OVG Schleswig-Holstein. |

 Im konkreten Fall war Folgendes geregelt: „Die Mitglieder des Vorstands verstehen ihr Amt als Ehrenamt. Den Mitgliedern des Vorstands kann, soweit der Umfang der Geschäftstätigkeit es erfordert, eine angemessene Vergütung gezahlt werden“. Diese Regelung hält das OVG für nicht genehmigungsfähig. Denn der Inhalt lässt sich – auch durch Auslegung – nicht eindeutig ermitteln. Maßgeblich zur Auslegung des Begriffs „ehrenamtliche Tätigkeit“ ist hier das BGB, auf dessen Grundlage die streitige Regelung in der Satzung basiere. Danach kommen bei ehrenamtlicher Vorstandstätigkeit lediglich eine Aufwandsentschädigung bzw. ein Auslagenersatz in Betracht. Diese Begriffe sind für die Richter kein Synonym für den Begriff „Vergütung“, weil es sich bei ihnen nicht um den Gegenwert einer Dienst- bzw. Arbeitsleistung handelt. Sollten Vorstandsmitglieder eine Vergütung auf Grundlage einer entsprechenden Ermächtigung durch Satzungsregelung in Verbindung mit einem Anstellungsvertrag erhalten, handelt es sich nicht mehr um eine ehrenamtliche Tätigkeit (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.03.2019, Az. 3 LB 1/17, Abruf-Nr. 211753).

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 11 / 2019 | Seite 1
 
Müssen Mitglieder jede Umlagenforderung des Vereins erfüllen?

| Ein Leser fragt: Unser Verein hat Mitgliedern 2019 eine Sonderumlage in Höhe des 1,5-fachen Jahresmitgliedsbeitrags auferlegt, um die angespannte Finanzlage zu verbessern. Mehrere Mitglieder sind daraufhin ausgetreten. Sie wehren sich, sowohl die Umlage als auch einen Ersatz für nicht geleistete Arbeitsstunden zu zahlen. Sie begründen das u. a. damit, im gesamten Jahr keine Einrichtungen des Vereins mehr genutzt zu haben. Sind sie im Recht oder können wir das Geld einfordern? |

Antwort | Das kommt darauf, was die Satzung regelt. Liefert sie eine ausreichende Grundlage für die Rücklagenerhebung, gäbe es kein Sonderkündigungsrecht ‒ und die Kündigungen wäre als fristgemäße zu werten. Dann sind alle Zahlungen fällig, die in die Zeit bis zum regulären Vereinsaustritt fallen. Das Gleiche gilt für die Arbeitsstunden. Liefert die Satzung dafür eine ausreichende Grundlage, müssen sie geleistet bzw. ersatzweise mit Geld beglichen werden. Dass die Mitglieder die Vereinseinrichtungen nicht mehr genutzt haben, spielt keine Rolle, weil es sich um Mitgliedsbeiträge handelt, die an die bloße Mitgliedschaft gebunden sind und nicht an bestimmte Leistungen des Vereins. Ein Rückerstattungsanspruch von Beiträgen bei außerordentlicher Kündigung wird von der Rechtsprechung überwiegend verneint.

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 01 / 2020 | Seite 2
 
Verein bewirtet Besucher und Gäste:Wann ist die Gemeinnützigkeit in Gefahr?

| Geschenke und Bewirtung an Mitglieder fallen unter die Annehmlichkeitenregelung (40-Euro-Grenze). Wie wird aber die kostenfreie Bewirtung von Besuchern bei Veranstaltungen behandelt? Gefährdet sie im Zweifel die Gemeinnützigkeit? |

Frage: Unser Verein veranstaltet einmal jährlich einen Tag der offenen Tür. Eingeladen werden Sponsoren, wichtige Spender, Vertreter aus der Lokalpolitik und die interessierte Öffentlichkeit. Wir reichen den Besuchern einen Imbiss und freie Getränke. Gibt es da Bedenken bezüglich der Gemeinnützigkeit?

Antwort: Grundsätzlich ist das unbedenklich, wenn bei solchen Repräsentationskosten ein klarer Bezug zur Vereinstätigkeit da ist, die Veranstaltung also nicht bloß „gesellige“ Zwecke hat.

Repräsentationskosten müssen Bezug zum Verein haben

Die genannten Aufwendungen werden im Allgemeinen als „Repräsentationskosten“ bezeichnet, auch wenn das kein steuerrechtlicher Begriff ist. Bei Unternehmen gehören dazu vor allem Aufwendungen für die Kundenbindung und -akquise, für die Pflege von Beziehungen zu Lieferanten oder Abnehmern und ähnlichen Zwecken.

Die Abziehbarkeit von Aufwendungen hängt davon ab, ob sie betrieblich oder privat veranlasst sind. Dies gilt auch für Repräsentationskosten. Für den Verein bedeutet das: Es muss ein Bezug zu den Vereinszwecken vorhanden sein. Im beschriebenen Fall sind eine Reihe von Bezügen denkbar, z. B. Mitgliederwerbung, Gewinnung von Teilnehmern für kostenpflichtige Angebote des Vereins, Gewinnung und Pflege von Sponsoren und Spendern, Kontaktpflege zu Fördermittelgebern und relevanten Personen des öffentlichen Lebens.

Veranstaltung darf nicht überwiegend „privat“ veranlasst sein

Bei Unternehmen unterliegen Repräsentationskosten einem Abzugsverbot als Betriebsausgaben, wenn sie privat veranlasst sind. Auf Vereine übertragen heißt das: Es geht überwiegend um die Mitgliederpflege und um gesellige Veranstaltungen. Dass an der Veranstaltung auch Mitglieder teilnehmen und bewirtet werden, ist aber grundsätzlich kein Problem. Hier greift im Zweifel die Annehmlichkeitengrenze. Außerdem sind die Mitglieder ja vielfach als Helfer im Einsatz. Es darf sich aber nicht überwiegend um eine Veranstaltung für Mitglieder (gesellige Veranstaltung) handeln.

Wieviel darf der Verein ausgeben?

Repräsentationskosten müssen angemessen sein. Das gilt sowohl für den Betriebsausgabenabzug als auch bezüglich der Gemeinnützigkeit. Als angemessen gilt das Branchenübliche. Gegen einen Imbiss und (auch alkoholische) Getränke bei einem Empfang usw. gibt es also grundsätzlich keine Bedenken. Hummer und Champagner wird man aber nicht servieren dürfen.

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 01 / 2020 | Seite 18
 
Kurzarbeit im Verein: So nutzen Sie die verbesserten Regelungen optimal

| Bildungsmaßnahmen, Training und andere Vereinsaktivitäten können zurzeit nicht durchgeführt werden. Einnahmen bleiben aus, gleichzeitig laufen die Kosten weiter. Um hier zumindest im Bereich der Personalkosten Einsparungen vornehmen zu können, können Sie Kurzarbeit anmelden. Erfahren Sie, welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen und was sich durch das Hilfspaket der Bundesregierung geändert hat. |

Was ist Kurzarbeit?

Wie schon der Name sagt, handelt es sich bei Kurzarbeit um die Verkürzung der regulären, vertraglichen Arbeitszeit. In welchem Umfang diese Arbeitszeit gekürzt wird, hängt davon ab, in welchem Umfang überhaupt noch Arbeiten zu erledigen sind. Dies kann im Extremfall sogar 100 Prozent sein, man spricht dann von „Kurzarbeit Null“.

 Beispiel

Ein Bildungsträger beschäftigt mehrere Trainer, um Sprachkurse für geflüchtete Menschen durchzuführen. Da keine Sprachkurse stattfinden dürfen und auch keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten im Verein bestehen, soll nun Kurzarbeit Null durchgeführt werden.

 Bei der Kurzarbeit handelt es sich um ein Instrument des Gesetzgebers, damit Arbeitgeber vorübergehende Krisen überstehen können, ohne Mitarbeiter direkt entlassen zu müssen. Da die Arbeitsverhältnisse nicht gekündigt werden, stellt dieses Instrument auch eine Sicherheit der Arbeitnehmer dar.

Aber auch für Arbeitgeber ist die Kurzarbeit ein hilfreiches Instrument. Wenn Sie einen Arbeitnehmer kündigen, müssen Sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist das reguläre Gehalt leisten. Zusätzlich besteht das Risiko, dass der gekündigte Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhebt (Prozessrisiko).

Wichtig | Bessert sich Ihre wirtschaftliche Lage trotz der Kurzarbeit nicht, haben Sie immer noch die Möglichkeit, Kündigungen auszusprechen.

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?

Die Regelungen zur Kurzarbeit finden sich in den §§ 95 ff. SGB III. Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht nach § 95 SGB III, wenn

  • 1. ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
  • 2. die betrieblichen Voraussetzungen gegeben sind,
  • 3. die persönlichen Voraussetzungen gegeben sind und
  • 4. der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Wann liegt ein erheblicher Arbeitsausfall vor?

Der Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf einem unabwendbaren und nicht vermeidbaren Ereignis beruht und nur vorübergehend ist. Diese Voraussetzungen sind durch die derzeitige Corona-Pandemie gegeben.

Wichtig | In Ihrem Antrag müssen Sie gleichwohl darlegen, in welchem Bereich Ihr Verein tätig war und warum Sie die Arbeitnehmer nicht mehr im ursprünglichen Umfang beschäftigen können. Ggf. bestehende Überstundenguthaben müssen zuerst abgebaut werden. Soweit ein Urlaubsanspruch besteht, soll auch dieser zunächst in Anspruch genommen werden.

Beispiel

Ein Mitarbeiter hat bereits für den Herbst und den Jahreswechsel 2020/2021 seinen Jahresurlaub angemeldet und die Reise auch schon gebucht. Dieser Urlaubswunsch ist vorrangig.

Liegt der angemeldete Urlaub aber in dem Zeitraum, für den Sie Kurzarbeit anmelden wollen, muss erst der Urlaub in Anspruch genommen werden, da die Arbeitsverwaltung sonst einen vermeidbaren Arbeitsausfall annehmen wird.

Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Zahlung des Kurzarbeitergelds soll vollständig oder teilweise verzichtet werden können. Das geltende Recht verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen bestehen, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt werden. D. h., dass bisher negative Arbeitszeitkonten gebildet werden mussten, soweit diese Möglichkeit bestand.

Wie viele Mitarbeiter müssen betroffen sein?

Die Erheblichkeit hängt weiter davon ab, wie viele Mitarbeiter unmittelbar betroffen sind. Hier hat die Regierung am 23.03.2020 die „Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit (Kurzarbeitergeldverordnung [KugV])“ beschlossen (Abruf-Nr. 214918). Die Verordnung beruht auf dem „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld=“ vom 13.03.2020 (Abruf-Nr. 214884). Diese Verordnung gilt rückwirkend ab dem 01.03.2020 und ist bis zum 31.12.2020 befristet.

PRAXISTIPP | Nach der bisherigen Regelung mussten mindestens 1/3 der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein. Dies wurde nun durch die Verordnung auf zehn Prozent herabgesetzt.

 

Beispiel 1

In Ihrem Verein sind in der Geschäftsstelle acht hauptamtliche Mitarbeiter sowie ein Trainer fest angestellt. Aufgrund der Schließung des Trainingsbetriebs können Sie den Trainer nicht weiter beschäftigen.

Folge: Nach der ursprünglichen Regelung hätten Sie keine Kurzarbeit beantragen können, da nicht mindestens 1/3 (= drei Mitarbeiter) von der Kurzarbeit betroffen waren. Da jetzt schon zehn Prozent (= ein Mitarbeiter) ausreichen, können Sie für den Trainer Kurzarbeit beantragen. Hier findet auch keine Ab-, sondern eine Aufrundung statt.

 

Beispiel 2

Sie haben insgesamt 24 Mitarbeiter, sodass mindestens drei Mitarbeiter betroffen sein müssen.

Mitgezählt werden alle Mitarbeiter, also auch die Minijobber, obwohl diese selbst keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben. Nicht mitgezählt werden Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis ruht (z. B. Elternzeit). Auch Auszubildende werden nicht berücksichtigt.

Welche „Unternehmen“ können Kurzarbeit beantragen?

Ein häufiger Irrglaube ist, dass (gemeinnützige) Vereine keine Kurzarbeit beantragen können. Das ist falsch. Nach § 97 SGB III sind die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt, wenn mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt ist. Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales weist in seiner Stellungnahme vom 23.03.2020 ausdrücklich darauf hin, dass „auch gemeinnützige Unternehmen wie Vereine im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie dem Grunde nach Kurzarbeitergeld erhalten können“.

Wie setzen Sie die Kurzarbeit durch?

Die Vorfrage, die Sie stellen müssen, ist die Frage nach einem Betriebsrat.

Verein mit Betriebsrat

Besteht in Ihrem Verein ein Betriebsrat, ist die Anordnung von Kurzarbeit mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Ohne den Betriebsrat können Sie keine Kurzarbeit anordnen. Mit dem Betriebsrat werden Sie eine Betriebsvereinbarung schließen müssen. Diese Betriebsvereinbarung muss folgende Punkte enthalten:

  • Beginn und Dauer der Kurzarbeit
  • Lage und Verteilung der Arbeitszeit
  • Auswahl der betroffenen Mitarbeiter

Sind diese Punkte nicht oder nicht ausreichend geregelt, ist die Betriebsvereinbarung unwirksam. D. h., dass Sie die Kurzarbeit nicht anordnen können (BAG, Urteil vom 18.11.2015, Az. 5 AZR 491/14, Abruf-Nr. 184067).

Verein ohne Betriebsrat

Besteht in Ihrem Verein kein Betriebsrat, müssen Sie mit den betroffenen Mitarbeitern Vereinbarungen treffen. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag. Danach ist Ihr Mitarbeiter verpflichtet, eine bestimmte Wochenarbeitszeit zu erbringen. Sie hingegen sind verpflichtet, das vereinbarte Gehalt zu zahlen. Wenn Sie nun nicht in dem vereinbarten Umfang Arbeit anbieten können, sind sie weiter verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu zahlen.

Wichtig | Ihr Mitarbeiter ist nicht verpflichtet, sich auf die vorübergehende Verkürzung seiner Arbeitszeit und seiner Vergütung einzulassen. Ihr Direktionsrecht als Arbeitgeber reicht dafür nicht aus (BAG, Urteil vom 16.12.2008, Az. 9 AZR 164/08, Abruf-Nr. 164946).

Änderungskündigung als letztes Mittel der Wahl

Eine Option, die Sie als letztes Mittel nutzen können, ist die Änderungskündigung (§ 2 KSchG). Hier würden Sie das Arbeitsverhältnis kündigen und dem Mitarbeiter gleichzeitig mit der Kündigung anbieten, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen.

  • Beispiel

Ihr Mitarbeiter weigert sich, eine Vereinbarung über die Einführung der Kurzarbeit (50 Prozent Arbeitszeit bei 50 Prozent Gehalt) zu unterzeichnen. Sie würden darauf das bisher bestehende Arbeitsverhältnis kündigen und dem Mitarbeiter einen neuen Arbeitsvertrag mit diesen geänderten Bedingungen vorlegen.

Folge: Auch dagegen kann der Mitarbeiter gerichtlich vorgehen und dies durch ein Arbeitsgericht prüfen lassen.

Was müssen Sie jetzt tun?

Wenn in Ihrem Verein die Voraussetzungen gegeben sind, können Sie die Kurzarbeit gegenüber der Agentur für Arbeit anzeigen. Nutzen Sie hierzu den Vordruck „Anzeige über Arbeitsausfall“ (Abruf-Nr. 215050). Die Bundesagentur für Arbeit muss unverzüglich einen Bescheid erteilen; d. h., dass Sie schnell eine Rückmeldung erhalten.

Wer hat Anspruch auf Kurzarbeitergeld?

Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht nur, wenn Ihr Mitarbeiter versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung ist. Ergo haben z. B. geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Gleiches gilt für Übungsleiter, die in keinem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen.

Wichtig | Gerade für Trainer und Übungsleiter ist die derzeitige Situation besonders dramatisch. Hier bestehen jedoch besondere Hilfsprogramme des Bundes und der Länder für „Solo-Selbstständige“.

In welcher Höhe wird das Kurzarbeitergeld von wem ausgezahlt

Das Kurzarbeitergeld wird durch Sie abgerechnet und Ihnen von der Bundesagentur für Arbeit erstattet. Hierfür müssen Sie zunächst einen Leistungsantrag stellen (Abruf-Nr. 215051).

Die Anlage zu diesem Leistungsantrag ist die Kurzarbeit-Abrechnungsliste (Vordruck der Arbeitsagentur, Abruf-Nr. 215052).

Wichtig | Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales weist ausdrücklich darauf hin, dass Unternehmen, die Beratungsbedarf bei der Beantragung haben, sich direkt an ihre örtliche Agentur für Arbeit oder an den Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit unter der Rufnummer: 08004 555520 wenden sollen.

Die Höhe des Kurzarbeitergelds orientiert sich an der bisherigen Vergütung. Hier wird zwischen Mitarbeitern, die mindestens einen Kinderfreibetrag von 0,5 auf der Lohnsteuerkarte vermerkt haben, und übrigen Arbeitnehmern unterschieden. Arbeitnehmer mit dem Kinderfreibetrag erhalten 67 Prozent der Nettoentgeltdifferenz; alle anderen einen Satz von 60 Prozent.

  • Beispiel

Ein Arbeitnehmer (ein Kind) erhält in Vollzeit eine Bruttovergütung von 3.000 Euro, was ca. 1.900 Euro netto entspricht. Die Arbeitszeit wird um 50 Prozent reduziert, sodass der Bruttoverdienst bei 1.500 Euro liegt (ca. 1.100 Euro netto). Die Nettoentgeltdifferenz beträgt damit 800 Euro. Von diesen 800 Euro erhält der Arbeitnehmer 67 Prozent (= 536 Euro). Der Arbeitnehmer erhält netto somit nur 264 Euro weniger.

 

PRAXISTIPP | Auf der Website der Agentur für Arbeit finden Sie auch alle notwendigen Formulare sowie eine Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergelds. Sozialversicherungsbeiträge, die Sie als Arbeitgeber normalerweise für Ihre Beschäftigten zahlen müssen, soll die Bundesagentur für Arbeit künftig vollständig erstatten.

Das Ende der Kurzarbeit

Dass dieser Ausnahmezustand irgendwann mal sein Ende hat, ist klar. Wann dies der Fall sein wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Die Politik ist hier bewusst vorsichtig. Für Sie heißt das, dass Sie die Entwicklung beobachten müssen. Wenn Sie Ihren Vereinsbetrieb wieder aufnehmen können, werden Sie auch die Kurzarbeit beenden müssen.

Haben Sie mit Ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung geschlossen, werden dort auch die Voraussetzungen für das Ende vorgesehen sein. Auch im Rahmen der Individualabrede mit Ihrem Mitarbeiter können Sie einen Endtermin vereinbaren, was jedoch angesichts der unklaren Lage kaum möglich sein wird. Schlussendlich können Sie die Kurzarbeit einseitig für beendet erklären.

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 04 / 2020 | Seite 21
 
Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht
vom 27. März 2020 

Veröffentlichung des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Bgbl_Corona-Pandemie.pdf;jsessionid=E3422E4735C5FD82AE414F7958E80B27.2_cid324?__blob=publicationFile&v=1

 

Aktuelle Informationen des LSB Nordrhein-Westfalen zur Corona-Virus-Epedemie

https://www.lsb.nrw/medien/news/artikel/aktuelle-informationen-zur-coronavirus-epidemie

 

Aktuelle Informationen des LSB Hessen zur Corona-Virus-Epedemie

https://www.landessportbund-hessen.de/servicebereich/news/coronavirus/

 

Aktuelle Informationen des LSB Berlin zur Corona-Virus-Epedemie

https://lsb-berlin.net/aktuelles/coronavirus-lage/corona-faq/

 

Pressemitteilung des BLSV zu den zu erwartenden Schäden durch die Corona-Pandemie

https://www.blsv.de/fileadmin/user_upload/pdf/Pressemitteilung/270320_PM_BLSV_Zwischenbilanz_Meldesystem.pdf

 

Fragen und Antworten zu den Auswirkungen des Corona-Virus auf den organisierten Sport (BLSV)

https://www.blsv.de/fileadmin/user_upload/pdf/Corona/FAQ_Coronavirus_Auswirkungen_BLSV.pdf

 

Merkblatt des BLSV zur Kurzarbeit, insbesondere im Sportverein

https://www.blsv.de/fileadmin/user_upload/pdf/Corona/FAQ_Kurzarbeit.pdf

Vereinsgeschäftsführer sind regelmäßig abhängig beschäftigt

| Ein nebenberuflicher Vereinsgeschäftsführer, der eine feste Vergütung erhält, ist in der Regel abhängig beschäftigt. Das hat das LSG Baden-Württemberg bei einer Geschäftsführerin entschieden, die hauptberuflich als Anwältin tätig war. |

Die Dame erhielt für ihre Tätigkeit ein monatliches „Honorar“ von 750 Euro. Sie verwaltete die Geschäftsstelle, akquirierte neue Geschäftsstellen, überwachte und koordinierte Schiedsverfahren und organisierte die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Vereins sowie Meetings der Geschäftsstellenleiter. Für das LSG lag hier eine abhängige Beschäftigung vor, weil die Geschäftsführerin

  • nur für den Vorstand tätig und an dessen Weisungen gebunden war,
  • wegen der festen Vergütung kein unternehmerisches Risiko trug,
  • nach dem Vertrag auf vereinsspezifische Belange im Zusammenhang mit der Tätigkeit Rücksicht nehmen musste,
  • projektbezogene Zeiten und fachliche Vorgaben einhalten musste und
  • für den Verein so viele Aufgaben übernommen hatte, dass er ohne sie gar nicht funktionsfähig gewesen war (= Eingliederung in den Betrieb).

Wichtig | Die freie Zeiteinteilung war für das LSG kein maßgebendes Kriterium, da das bei einer Nebentätigkeit typisch ist. Auch die organschaftliche Stellung (als Vorstand) war ohne Belang (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2020, Az. L 11 BA 1596/19, Abruf-Nr. 215358).

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 05 / 2020 | Seite 1
 
Sind Beschlüsse der Mitgliederversammlung wegen Infektionsgefahr ungültig?

| Mittlerweile gibt bundesweit ein behördliches Verbot von Mitgliederversammlungen. Vereine, die kurz von dem „Lockdown“ noch eine Versammlung durchgeführt haben, könnten aber auch vor einem Problem stehen. |

Frage: Unser Verein hat eine Woche, bevor es behördlich untersagt wurde, eine Mitgliederversammlung abgehalten. Ein Mitglied, das nicht anwesend war, behauptet nun, die Versammlung sei „illegal“ gewesen, die Beschlüsse rechtswidrig. Wie müssen wir uns da im Vorstand verhalten?

Antwort: Da es noch keine verbindlichen behördlichen Auflagen gab, spielt die Frage, ob die Versammlung ordnungsrechtlich zulässig war, keine Rolle. Das Mitglied hat aber einen anderen rechtlichen Hebel, um die Beschlüsse zu kippen. Grundsätzlich gilt, dass die Teilnahme an der Mitgliederversammlung einem Mitglied zumutbar sein muss. In Literatur und Rechtsprechung wird das vor allem auf Zeit und Ort der Versammlung bezogen. Es kann aber auch andere Gründe geben, wie eben das mögliche Infektionsrisiko, das auch vor den behördlichen Anordnungen bereits bestand.

Anfechtung der Beschlüsse möglich

Der Gesetzgeber betrachtet die Mitgliederversammlung vor allem als Ort der Beschlussfassung. Rechtliche Einwände können sich deswegen nicht auf die Versammlung als solche beziehen, sondern nur auf die Gültigkeit der dort gefassten Beschlüsse (z. B. Vorstandswahlen). Hier ist der wunde Punkt: Zwar sind die Beschlüsse in diesem Fall nicht von vorherein unwirksam (nichtig). Das Mitglied kann sie aber anfechten, weil ihm die Teilnahme an der Beschlussfassung unzumutbar war. Ob ein Gericht dieser Auffassung folgt, ist offen, die Infektionsgefahr ist aber sicher ein gewichtiges Argument.

Der Verein kann sich nicht darauf berufen, dass die Beschlüsse genauso ausgefallen wären, wenn das Mitglied abgestimmt hätte. Es kommt nicht auf das bloße Stimmverhältnis an, sondern auch darauf, dass das Mitglied die Willensbildung durch Beiträge in der Aussprache beeinflussen kann. Der Verein müsste also nachweisen, dass die Debatte bei Anwesenheit des Mitglieds zu keinem anderen Ergebnis hätte führen können (OLG Brandenburg, Urteil vom 03.07.2012, Az. 11 U 174/07, Abruf-Nr. 209028). In der Praxis ist das fast unmöglich.

Was kann der Vorstand tun?

Der Vorstand kann nur abwarten, was das Mitglied unternimmt. Ob es also die Beschlüsse anfechten und die Unwirksamkeit sogar gerichtlich feststellen lassen will. Diese Anfechtung muss zeitnah erfolgen. In der Regel heißt das: innerhalb weniger Wochen. Nutzt das Mitglied diese Zeitspanne nicht, erlischt sein Anfechtungsrecht und die Beschlüsse bleiben wirksam. Schlimmstenfalls müssen die Beschlüsse wiederholt werden, wenn das Mitglied sich durchsetzt.

Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 05 / 2020 | Seite 18
 
Muss in der Satzung der Katalogzweck wörtlich benannt werden?

| Das Finanzamt kann die Gemeinnützigkeit nicht verweigern, weil in der Satzung der Katalogzweck nach § 52 AO nicht genannt ist. Die Satzung muss auch nicht einen oder mehrere der in § 52 Abs. 2 AO enthaltenen Zwecke dem Wortlaut nach wiederholen. Dies ergibt sich auch nicht aus der Mustersatzung in der Anlage zu § 60 AO. Diese Meinung vertritt das FG Hessen. Letztlich entscheiden muss aber der BFH. |

Dass in der Satzung der entsprechende Katalogzweck aus § 52 AO nicht wörtlich genannt werden muss, begründet das FG damit, dass häufig eine Einengung der satzungsgemäßen Tätigkeit gewollt ist. So werde ein Sportverein in seiner Satzung lieber die konkrete Sportart benennen statt bloß „Förderung des Sports“. Außerdem habe § 60 Abs. 1 S. 2 AO nichts daran geändert, dass in der Satzung nur die Art der Steuerbegünstigung (z. B. „gemeinnützig“) genannt sein muss und dass in dem Fall („gemeinnützige Zwecke“) aus der Satzung verbindlich hervorgehen muss, dass und wie die Allgemeinheit durch den entsprechenden Zweck gefördert werden soll. Satzungszweck und Art der Verwirklichung sind also so weit wie möglich zu konkretisieren (FG Hessen, Urteil vom 26.02.2020, Az. 4 K 594/18, Abruf-Nr. 215651).

Wichtig | Die Revision wird beim BFH unter dem Az. V R 11/20 geführt. Vor allem geht es in München darum, ob ein in § 52 Abs. 2 AO genannter Zweck wörtlich in einem Gesellschaftsvertrag wiedergegeben werden muss.

Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 06 / 2020 | Seite 11
 
Kein Unfallversicherungsschutz bei Pflichtarbeitsstunden

| Sieht die Satzung eines Vereins Pflichtarbeitsstunden vor, liegt bei der Ableistung dieser Stunden keine in der Unfallversicherung versicherte „Wie-Beschäftigung“ vor. Das hat das LSG Niedersachsen-Bremen zum Nachteil eines verunfallten Mitglieds entschieden. |

Im konkreten Fall gab die Vereinssatzung vor, dass jedes Mitglied im Rahmen seiner Beitragspflicht eine Anzahl von „Baustunden“ leisten musste. Ein Mitglied verunglückte beim Fällen eines Baums auf dem Vereinsgelände. Die Berufsgenossenschaft (BG) lehnte die Feststellung eines Arbeitsunfalls ab, weil es sich bei den Baumfällarbeiten um eine mitgliedschaftliche Verpflichtung gehandelt habe. Der Verunglückte vertrat dagegen die Auffassung, dass er als „Wie-Beschäftigter“ versichert sei, da die Arbeiten gefährlich gewesen seien und eine besondere Fachkunde erfordert hätten. Das LSG teilte die Auffassung der BG, dass der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Unfall bei einer Tätigkeit aufgrund von Mitgliedspflichten nach der Vereinssatzung geschieht. Die Arbeiten seien nicht über die normalen Pflichten als Vereinsmitglied hinausgegangen. Denn nach der Vereinssatzung hätten die Mitglieder 60 Arbeitsstunden pro Jahr u. a. in Form von Platz- und Wegearbeiten ausführen müssen, wozu ausdrücklich auch die Baumfällarbeiten gehörten. Eine andere rechtliche Beurteilung könnte sich nur ergeben, wenn Sonderaufgaben ausgeführt würden, die über die Arbeiten hinausgingen, die in der Satzung geregelt waren (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.08.2019, Az. L 6 U 78/18, Abruf-Nr. 217495).

 

PRAXISTIPP | Verpflichtet die Satzung alle Vereinsmitglieder zur Erbringung von Tätigkeiten, besteht kein arbeitnehmerähnliches Beschäftigungsverhältnis („Wie-Beschäftigung“). Der Verein sollte seine Mitglieder dann insbesondere bei gefahrengeneigten Tätigkeiten über eine Gruppenunfallversicherung oder die freiwillige Versicherung bei der Berufsgenossenschaft schützen.

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 09 / 2020 | Seite 3
 
Gemeinnützigkeit: Kann man sie vorübergehend verlieren und folgen daraus größere Probleme?

| Ist ein Verein für längere Zeit nicht mehr satzungsbezogen tätig, entzieht ihm das Finanzamt die Gemeinnützigkeit. Dabei kommt es aber darauf an, ob das Ruhen der Tätigkeit ein ganzes Steuerjahr betrifft. |

Frage: Die Tätigkeiten unseres kleinen Kulturvereins werden überwiegend von zwei Personen getragen. Leider fallen beide für mehr als ein Jahr aus. Die eine wegen Babypause, die andere wegen eines Auslandsaufenthalts. Verlieren wir die Gemeinnützigkeit, wenn wir die Tätigkeiten für diese Zeit einstellen müssen?

Antwort: Grundsätzlich entfällt die Gemeinnützigkeit, wenn ein Verein seine Satzungszwecke nicht mehr verfolgt. Geschieht das nicht für mehrere Jahre, gibt es aber Gestaltungsmöglichkeiten. Außerdem kann die Gemeinnützigkeit danach jederzeit wieder gewährt werden.

Ist der Verein über mehr als ein Steuerjahr untätig?

Zunächst gilt: Es gibt keine Vorgaben dazu, in welchem Umfang ein gemeinnütziger Verein satzungsbezogen tätig sein muss. Er muss nur überhaupt entsprechende Tätigkeiten entfalten, und das muss seine Haupttätigkeit sein. Es würde also für den Erhalt der Gemeinnützigkeit auch genügen, wenn z. B. nur eine einzige Kulturveranstaltung pro Jahr stattfindet.

Außerdem gilt: Die Gemeinnützigkeit wird jahresbezogen gewährt. Das Finanzamt entzieht sie nur dann wieder, wenn über ein ganzes Steuerjahr (meist das Kalenderjahr) keine Tätigkeiten ausgeübt werden. Der Verein kann also ohne Folgen z. B. von Februar 2021 bis November 2022 ‒ also für fast zwei Jahre ‒ untätig sein, wenn er in den beiden verbleibenden Monaten des jeweiligen Jahres satzungsmäßige Aktivitäten nachweisen kann. Die Gemeinnützigkeit kann also erhalten werden, wenn die Vereinstätigkeiten nicht während eines ganzen Steuerjahres ruhen.

Ist der Verlust der Gemeinnützigkeit ein Problem?

Ist ein Verein nicht mehr wirtschaftlich tätig, hat die Gemeinnützigkeit nur beim Spendenabzug Bedeutung. Die Begünstigung bei der Ertrag- und Umsatzsteuer spielt ja mangels Einnahmen keine Rolle. Sie wird auch immer erst im Nachhinein geprüft. Für den Spendenabzug ist dagegen ein aktuell gültiger Freistellungsbescheid erforderlich. Zu beachten ist dabei, das die Gemeinnützigkeit, wenn sie entzogen wurde, grundsätzlich erst im Folgejahr wieder gewährt wird (AEAO, Ziffer 7 zu § 60 AO). Solange kann der Verein keine Zuwendungsbestätigungen ausstellen.

Tätigkeiten sind auch eine Frage der Darstellung

Satzungsmäßige Tätigkeiten müssen sich nicht immer in Veranstaltungen niederschlagen. Auch die Planung und Vorbereitung ist eine satzungsmäßige Tätigkeit. Der Verein kann auch so im Sinne der Satzungszwecke aktiv sein und damit die Voraussetzung für den Erhalt der Gemeinnützigkeit erfüllen.


 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 08 / 2020 | Seite 20
 
Muss ein Verein Mitgliedsbeiträge erheben?

| Ein Leser fragt:

Wir betreiben einen Förderverein, der einen Sportverein unterstützt. Alle arbeiten im Ehrenamt, Kosten fallen bis auf ein bisschen Bürobedarf, den wir persönlich zur Verfügung stellen, und Kontoführungsgebühren sowie Steuerberaterkosten nicht an. Daher geht es eigentlich nur um die rechtliche Frage: Dürfen wir auf Mitgliedsbeiträge verzichten? |

 

Antwort | Nach dem Wortlaut von § 58 BGB muss ein Verein keine Mitgliedsbeiträge erheben. Dort steht, dass die Satzung Bestimmungen enthalten soll, ob und welche Beiträge von den Mitgliedern zu leisten sind. Es ist folglich kein Problem, auf die Erhebung zu verzichten, solange das für alle Mitglieder gilt. Entweder wird das per Satzung so geregelt oder das nach Satzung für die Festlegung der Beiträge zuständige Organ (Vorstand oder Mitgliederversammlung) beschließt, den Beitrag auf Null festzulegen. Nur eine Beitragsbefreiung für nur einen Teil der Mitglieder bedürfte wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes einer entsprechenden Satzungsregelung.

 
Quelle: IWW VereinsBrief | Ausgabe 10 / 2020 | Seite 2
 
Kann ein Mitglied gegen die Entscheidung des Vorstands vorgehen?

Fundstelle: OLG Celle, Beschluss v. 12.12.2017, Az.:20 W 20/17

1. Vorbemerkungen

In der Praxis gibt es immer wieder Diskussionen über mögliche Fehlentscheidungen des Vorstands und wie sich Mitglieder dagegen ggf. rechtlich wehren können. Im Vereinsrecht gilt der Grundsatz, dass die Mitgliederrechte nur in der Mitgliederversammlung wahrgenommen werden können.

Dies gilt selbst dann, wenn der Vorstand gravierend gegen die Vereinsinteressen verstößt. Der Vorstand ist im Rahmen seiner Geschäftsführungstätigkeiten regelmäßig dem Verein gegenüber verantwortlich und haftbar, nicht jedoch gegenüber dem einzelnen Mitglied.

2. Maßnahmen der Mitgliederversammlung

Die Rechte des Vereins gegen einen Vorstand oder andere Organe des Vereins kann nur die Mitgliederversammlung im Rahmen ihrer satzungsmäßigen Zuständigkeiten wahrnehmen. Die Entscheidung darüber, ob ggf. Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand geltend gemacht werden sollen, liegt demnach bei der Mitgliederversammlung. Einzelne Mitglieder können damit nur im Rahmen der Mitgliederversammlung auf die Beschlussfassung Einfluss nehmen. So kann die Mitgliederversammlung auch den Vorstand jederzeit aus seinem Amt abberufen, sofern die Satzung dem nicht entgegensteht.
Weist die Satzung dem Vorstand bestimmte Aufgaben und Befugnisse zu, hat die Mitgliederversammlung in diesem Fällen selbst kein entsprechendes Weisungsrecht. Die Mitgliederversammlung hat dann nur die Möglichkeit:

- Die Satzung zu ändern und die Aufgaben und Zuständigkeiten neu zu beschließen oder
- den Vorstand abzuberufen oder
- ggf. Schadensersatzansprüche bei Pflichtverletzung im Rahmen der Geschäftsführung geltend zu machen.

3. Geltendmachung eines Minderheitenbegehrens nach § 37 BGB

Blockiert der Vorstand Beschlüsse der Mitgliederversammlung, indem er sich weigert, eine Mitgliederversammlung einzuberufen, bleibt den Mitgliedern nur das Minderheitenbegehren nach § 37 BGB mit dem Ziel auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Das Verfahren und die erforderlichen Mehrheiten ergeben sich in der Regel aus der Satzung des Vereins

Das Minderheitenbegehren kann nach der Rechtsprechung auch dahingehend genutzt werden, bestimmte Tagesordnungspunkte auch gegen den Willen des Vorstands auf die Tagesordnung zu setzen.

4. Mitglieder haben keine direkten Ansprüche

Fazit: Einzelne Mitglieder haben daher in der Praxis so gut wie keine rechtlichen Möglichkeiten, gegen den Vorstand vorzugehen. Auch praktische Schwierigkeiten bei der Mobilisierung der Mitglieder oder beim Durchsetzen entsprechender Minderheiten für eine außerordentliche Mitgliederversammlung ändern daran nichts, denn grundsätzlich ist eine Mehrheitsentscheidung der Mitglieder erforderlich.

Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Ausgabe 02 / 2018 | Jahresabo bei uns im Shop

Nachträgliche Einführung einer Sonderumlage zulässig?

Fundstelle: Amtsgericht Hamburg - Blankenese, Urteil v 03.05.2017, Az.:531 C132/16

1. Vorbemerkung

Nach §58 Nr. 2 BGB müssen die Beiträge in der Satzung eines Vereins konkret geregelt werden. Regelungen in einer Beitragsordnung sind unzulässig. Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob ein Verein seine Satzung auch nachträglich ändern und eine Sonderumlage einführen kann.

2. Die Entscheidung

Das Amtsgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Verein die Satzung nachträglich wirksam ändern und eine Sonderumlage einführen konnte. Kein Mitglied ist davor gefeit, dass auch nach Jahren eine solche Satzungsänderung durch den Verein herbeigeführt wird und sich dadurch die Mitgliedschaft verteuert.

Mitglieder können eben nicht darauf vertrauen, dass die Satzung in puncto Beitragspflichten auf ewig unverändert bleibt. Mitglieder können so neben den regulären Beträgen auch später z.B. zu Sonderbeiträgen verpflichtet werden, wen die Satzung dies vorsieht.

Den Mitgliedern muss allerdings bei ihrem Beitritt erkennbar sein, dass solche zusätzlichen Verpflichtungen auch noch nach Jahren auf sie zukommen können. Wird, so wie im vorliegenden Fall, die Verpflichtung erst später eingeführt, besteht für die Mitglieder ein besonderes Austrittsrecht in Form einer fristlosen Kündigung der Vereinsmitgliedschaft. So kann sich ein Mitglied durch die Geltendmachung des Sonderkündigungsrechts der Zahlung der Sonderumlage entziehen.

 

Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Ausgabe 02 / 2018 | Jahresabo bei uns im Shop

Rechtsprechungsänderung hinsichtlich der Steuerpflicht für Reitvereine mit Pferdepension

Entscheidung: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.08.2016, Az.: V R 14/ 15

I. Vorbemerkung

Noch im Oktober 2013 urteilte der Bundesfinanzhof (Urteil vom 16.10.2013, Az.: XI R 34/11), dass Umsätze aus der Pferdepensionshaltung eines gemeinnützigen Reitsportvereins von der Umsatzsteuer befreit sein oder dem ermäßigten Steuersatz unterfallen können.

II. Das Urteil

In dem Urteil vom 10.08.2016 folgte der BFH dem Finanzgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 18.02.2015, Az.: 4 K 27/14), das die Umsätze aus Pferdepensionsleistungen dem Regelsteuersatz unterwarf.

Das FG hatte nach Ansicht des BFH zutreffend ausgeführt, dass diese Leistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. §§ 64, 14 AO erbracht werden.

Darüber hinaus wurden die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Zweckbetriebs gem. § 65 AO aus folgenden Gründen verneint:

  • Die Pferdepensionsleistungen stellen kein unentbehrliches Mittel für die Verwirklichung der steuerbegünstigenden Ziele gem. § 65 Nr. 2 AO dar.
  • Der Reitsportverein steht dadurch in einem größeren Umfang im direkten Wettbewerb zu nicht steuerbegünstigenden Betrieben, als es zur Erfüllung der oben genannten Ziele vermeidbar ist.

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Anspruch auf Überlassung einer Mitgliederliste

Entscheidung: OLG München, Urteil v. 24.03.2016, Az.: 23 U 3886/15

I. Vorbemerkung

Der Herausgabeanspruch einer Liste mit den persönlichen Daten aller Mitglieder besteht unstreitig im unmittelbaren Anwendungsbereich des Minderheitenbegehrens gem. § 37 BGB (OLG München, Urteil vom 15.11.1990, Az.: 19 U 3483/90). Dies ist auch nötig, um die Mitglieder für das – je nach Satzung – erforderliche Quorum zu kontaktieren. Doch wie weit reicht dieser Herausgabeanspruch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs des § 37 BGB?

II. Das Urteil

Mit dieser Frage hatte sich das OLG München zu beschäftigen. Ein Vereinsmitglied hatte Kenntnis von – seiner Ansicht nach – satzungs- und rechtswidrigem Verhalten der Bundesversammlung erlangt. Daher forderte er eine vollständige Mitgliederliste, um andere Mitglieder über dieses Verhalten zu unterrichten.

Das OLG München stellte klar, dass ein Anspruch auf Überlassung einer Mitgliederliste auch im vorliegenden Fall zu bejahen sei. Voraussetzungen für das vom Kläger geltend gemachte Recht seien:

  • Ein berechtigtes Interesse des Anspruchsstellers

Ein berechtigtes Interesse besteht nach Ansicht des OLG immer dann, wenn die Mitgliederdaten im konkreten Einzelfall zur Ausübung des Rechts der Mitwirkung an der Willensbildung im Verein benötigt würden.

  • Kein überwiegendes Interesse des Vereins oder keine entgegenstehenden, berechtigten Belange der Vereinsmitglieder

Ein überwiegendes Interesse des Vereins könne dabei nicht auf ein pauschales Recht zur Geheimhaltung gestützt werden. Zudem würden durch die Datenübermittlung nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG die Vereinsmitglieder nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Es bestünden also keine entgegenstehenden Belange anderer Vereinsmitglieder.

 

Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Jahresabo bei uns im Shop

Vereinssatzung: Musterklausel zur Gemeinnützigkeit Pflicht?

| Satzungen, die sich nicht an die Musterklausel zur Gemeinnützigkeit halten, werden von Finanzämtern regelmäßig abgewiesen. Der BFH hat bestätigt, dass das meist zu Recht geschieht. Gemeinnützige Körperschaften sind deshalb gut beraten, sich an den Mustertext aus Anlage 1 zu § 60 AO zu halten. |

 

Der BFH hat in seiner Entscheidung 3 wichtige Dinge klargestellt (BFH, Beschluss vom 07.02.2018, Az. V B 119/17, Abruf-Nr. 200384):

  • Aus der Satzung muss sich ergeben, dass der steuerbegünstigte Zweck nicht nur unmittelbar, sondern auch ausschließlich gefördert wird.
  • Die Satzung muss keinem amtlich vorgeschriebenen Vordruck bzw. Muster entsprechen. Es genügt, dass sie unabhängig vom Aufbau und genauen Wortlaut der Mustersatzung
    • die Verpflichtung zur ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung förderungswürdiger Zwecke und
    • die Verwendung des Begriffs „selbstlos“ enthält.
  • Es reicht nicht, in der Satzung für den Vermögensanfall eine Körperschaft zu nennen. Es muss auch klargestellt werden, dass diese das Vermögen des Vereins, der sich auflöst, „unmittelbar und ausschließlich“ für steuerbegünstigte Zwecke verwendet.
Quelle: Ausgabe 06 / 2018 | Seite 1 | ID 45309190
 
In-sich-Geschäfte des Vorstandes

Entscheidung: OLG Brandenburg, Urteil vom 19.08.2011, Az.: 7 Wx 20/11


I. Vorbemerkung

181 BGB bestimmt, dass ein Vertreter (bspw. der Vorstand) im Namen des Vertretenen (Verein) mit sich oder als Vertreter eines Dritten kein Rechtsgeschäft vornehmen kann, es sei denn:

  • es liegt eine Gestattung vor
  • das Rechtsgeschäft liegt ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit

Der Anwendungsbereich des § 181 BGB ist vor allem in der Vereinspraxis äußerst relevant. Als wichtigstes Beispiel ist dabei wohl der Dienstvertragsschluss zwischen dem Verein und einem Vorstandsmitglied zu nennen.

II. Das Urteil

Das OLG Brandenburg setzte sich 2011 mit der Frage auseinander, ob der Vorstand einen Geschäftsführer zu Geschäften gem. § 181 BGB ermächtigen konnte. Das Registergericht hatte zuvor eine Eintragung dieser Gestattung ins Vereinsregister zurückgewiesen.

Das OLG folgte der Ansicht des Registergerichts. Es stellte fest, dass der Vorstand nicht zu einer Gestattung i.S.d. § 181 BGB ermächtigt sein könnte. Vielmehr bedürfe eine generelle Befreiung vom Verbot des In-sich-Geschäfts eine entsprechende Satzungsgrundlage. Ob bei einer Befreiung im Einzelfall ein einfacher Beschluss der Mitgliederversammlung genügt, ließ das OLG dabei offen.

 

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Verletzung der Schweigepflicht durch Einholung eines anwaltlichen Rates?

Entscheidung: LG Essen, Urteil v. 13.8.2015, Az.: 3 O 213/15  

I. Vorbemerkung

Die Schweigepflicht von Vorstandsmitgliedern hat keinen Ausdruck in einer gesetzlichen Regelung gefunden. Anders als bspw. für Vorstände von Aktiengesellschaften oder Aufsichtsratsmitglieder einer GmbH ist die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht im Vereinsrecht normiert worden.

Doch der BGH stellte bereits 1977 (Urteil vom 04.07.1977, Az.: II ZR 30/76) eine besondere Treuepflicht des Vorstandsmitgliedes eines Vereins fest. Zu dieser zählt nach herrschender Auffassung unter anderem auch die Verschwiegenheitspflicht.

II. Das Urteil

Das LG Essen hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Aufsichtsratsmitglied eines Vereins eine Entscheidung des Gremiums von einem Anwalt überprüfen lassen durfte. Das Mitglied (Kläger) hatte sich zuvor bereits an den Aufsichtsrat mit der Bitte um Aufklärung gewandt, allerdings keine ausreichende Antwort erhalten. Als der beauftragte Rechtsanwalt die Zweifel an der Handhabung einer Satzungsnorm bestätigte, ließ der Kläger dem Aufsichtsrat und dem Vorstand das Gutachten zukommen. Darin sah der Ehrenrat eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht und enthob das Aufsichtsratsmitglied seines Amtes.

Das Landgericht kam zu dem Entschluss, dass dem Kläger kein Pflichtverstoß vorzuwerfen sei. Zum einen hätte sich das Mitglied zur Klärung der Rechtsfrage an einen Anwalt gewandt, der ebenfalls der Schweigepflicht unterliege. Zum anderen sei die rechtliche Überprüfung bei Vereinbarkeit mit der Satzung unter Umständen sogar für eine sachgerechte Amtstätigkeit nötig.

 

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Nachträgliche Ablehnung des Notvorstandsamtes

Entscheidung: OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.2.16, Az.: I-3 Wx 35/16   

I. Vorbemerkung

Bei der Bestellung eines Notvorstandes gem. § 29 BGB durch das Amtsgericht bedarf es der Annahme durch das bestellte Vereinsmitglied. Fraglich war in diesem Zusammenhang, ob eine einmal getätigte Annahme widerrufen werden kann.

II. Das Urteil

Das OLG Düsseldorf war zur Entscheidung in einem Fall berufen, in dem ein Vereinsmitglied die Annahme des Notvorstandsamtes erklärt hatte, ohne sich über die damit einhergehenden Aufgaben im Klaren zu sein. Aus diesem Grund wollte das Mitglied das Amt nachträglich doch nicht antreten. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass der Annahme keine Bindungswirkung zugekommen sei. Das Vereinsmitglied konnte somit nachträglich die Bestellung zum Notvorstand ablehnen.

 

Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Jahresabo bei uns im Shop

 

Blockwahl ohne Satzungsgrundlage zulässig?

Entscheidung: OLG Bremen, Beschluss v. 12.10.2015, Az.: 2 W 68/15 

I. Vorbemerkung

Im Vereinsrecht muss grundsätzlich über jede Position einzeln abgestimmt werden. Dieses Prinzip wird auch Grundsatz der Einzelwahl genannt. Bei einer sog. Blockwahl wird hingegen über mehrere Positionen gleichzeitig abgestimmt. Diese Ausnahme vom oben genannten Grundsatz ist zulässig, bedarf allerdings einer ausdrücklichen Satzungsgrundlage.

II. Das Urteil

Das OLG Bremen hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, in der eine solche Blockwahl ohne entsprechende Satzungsgrundlage durchgeführt wurde. Es verwies auf das Grundsatzurteil des BGH (Urteil vom 02.07.2007, Az.: II ZR 111/05), nachdem Verfahrensfehler nur dann zu einer Unwirksamkeit eines Beschlusses führen, wenn der Fehler für die Ausübung der Mitwirkungsrechte der Mitglieder relevant war.

Einen solchen Verfahrensfehler sah das OLG nicht gegeben, weil:

  • der Vorschlag zur Blockwahl aus dem Mitgliederkreis stammte,
  • keine Diskussion über die Wahl stattfand und
  • die Wahl einstimmig

Aus diesem Grund wurde die Blockwahl ohne Satzungsgrundlage ausnahmsweise als zulässig erachtet.

 

Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Jahresabo bei uns im Shop



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Autor und Herausgeber der "Rechtsprechungsübersicht" ist Stefan Wagner, Jurist, Dozent an der Führungsakademie des DOSB in Köln, Referatsleiter in der Staatskanzlei in Dresden und Mitautor des Loseblattwerks "Der Verein".

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